Abgeltung der Wertminderung für ältere Fahrzeuge

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat die Abgeltung der Wertminderung für ein bereits über fünf Jahre altes Fahrzeug zugesprochen. Dieses Urteil weicht zugunsten des Geschädigten von der bisherigen Rechtsprechung ab.

Da auch einwandfrei reparierte Unfallsfahrzeuge am Markt weniger wert sind wie unfallfreie Fahrzeuge, hat der Geschädigte bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen das Recht auf Abgeltung der merkantilen Wertminderung seines Fahrzeuges (= Wertminderung am Fahrzeugmarkt). Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Käufer eines Fahrzeuges mit einem Vorschaden erfahrungsgemäß eine entsprechende Preisreduktion begehrt.

Durch den merkantilen Minderwert sollen insbesondere Risiken wie möglicherweise unentdeckte Unfallschäden erfasst werden. Berücksichtigt werden dabei aber auch Komplikationen, die bei einer abermaligen Schädigung des Fahrzeuges eintreten können. Eine Entschädigung für die merkantile Wertminderung eines im Zuge eines Unfalles beschädigten Fahrzeuges besteht unabhängig davon, ob das Fahrzeug einwandfrei repariert werden kann oder nicht. Es ist auch unbeachtlich, ob es sich um einen PKW oder eine LKW handelt.

Die Bemessung der merkantilen Wertminderung hat nach objektiven Gesichtspunkten, in der Regel durch ein Sachverständigengutachten zu erfolgen. Diese besteht in der Differenz zwischen dem Zeitwert des Fahrzeuges vor dem Unfall und dem Zeitwert des Fahrzeuges im reparierten Zustand nach dem Unfall. Wesentlich für die Beurteilung der merkantilen Wertminderung sind die Verhältnisse an demjenigen Ort, an dem sich das beschädigte Fahrzeug in aller Regel befindet.

Bisher haben Gerichte in Österreich eine Wertminderung zugesprochen, wenn das Fahrzeug nicht älter als drei Jahre ist, eine durchschnittliche dem Fahrzeugalter entsprechende Kilometerleistung und keine Vorschäden sowie nur einen Vorbesitzer aufweist. Bei übergebührlicher Verwendung (wie zum Beispiel bei Taxis, Firmenfahrzeugen, Mietwagen, Vorführwagen) ist nach der ständigen Rechtsprechung grundsätzlich eine Wertminderung ausgeschlossen.

In einer neuen Entscheidung hat das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht rechtskräftig entschieden, dass auch für ein älteres Fahrzeug die merkantile Wertminderung zugesprochen werden kann. Im konkreten Fall hat das Oberlandesgericht Innsbruck zu 1 R 50/08z ausgesprochen, dass für ein Fahrzeug mit einem Alter von 5,5 Jahren, einer Laufleistung vom 70.000 Kilometer, zwei Vorbesitzern, einem festgestellten Zeitwert von EUR 11.090,00 und Reparaturkosten in der Höhe von EUR 9.121,00 eine Wertminderung von EUR 200,00 gerechtfertigt ist. In dieser gerichtlichen Entscheidung wird ausdrücklich festgehalten, dass auch ein älteres Fahrzeug, bei dem ein größerer Schaden eingetreten ist (im konkreten Fall war unter anderem das Fahrgestell des Fahrzeuges betroffen), einen potentiellen Käufer misstrauisch macht. Auch und oftmals gerade der „Nichttechniker“ betrachtet tiefgreifende Eingriffe in das Fahrzeug (um tragende Fahrzeugteile oder beispielsweise das Fahrgestell zu reparieren) mit großem Misstrauen. Aus diesem Grund wurde für das ältere Fahrzeug eine Wertminderung zugesprochen.

Diese gerichtliche Entscheidung führt zu einer Ausweitung der bisher außerordentlich restriktiven Bemessungspraxis der merkantilen Wertminderung. Es bleibt abzuwarten, ob auch andere Gerichte in Österreich dieser Entscheidung folgen.

von Rechtsanwalt Mag. Erik Focke