RA Mag. Erik Focke
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Wer eine Gefahrenquelle schafft, hat dafür zu sorgen, dass daraus kein Schaden entsteht.
Wer einem Personenkreis den Zutritt zu einer Anlage (zum Beispiel zu einem Autohaus) ermöglicht oder einen geschäftlichen Verkehr eröffnet, hat dafür zu sorgen, dass niemand zu Schaden kommt. Die Verkehrssicherungspflicht trifft auch denjenigen, der eine Gefahrenquelle in seiner Sphäre bestehen lässt.
Die Verkehrssicherungspflicht verlangt Sicherungsmaßnahmen zum Schutz aller Personen die in eine Gefahrenlage versetzt werden können. Voraussetzung ist jedoch, dass die Möglichkeit der Verletzung von Rechtsgütern Dritter (wie Leib, Leben, Eigentum) bei objektiver Betrachtung zu erkennen ist und dass zumutbare Maßnahmen gegen die Gefahr möglich sind.
Die Gefährlichkeit alleine begründet daher noch keine Verkehrssicherungspflicht. Diese entsteht erst dann, wenn die Gefahr erkennbar ist und durch zumutbare Maßnahmen abgewendet werden kann. Wenn sich im Eingangsbereich zum Autohaus Schnee und Eis bildet, so hat der Inhaber des Autohauses (selbst oder durch geeignete Personen) dafür zu sorgen, dass der Eingangsbereich von Schnee und Eis befreit wird (zumindest jedoch Hinweisschilder aufgestellt werden), damit Kunden gefahrlos das Autohaus betreten können.
Die Sorgfaltsanforderungen sind höher, wenn die Gefährlichkeit größer ist. Dies trifft zum Beispiel dann zu, wenn spielende Kinder in den Gefahrenbereich kommen (im Autohaus wird eine Spielecke für Kinder errichtet). Bei Kindern ist nämlich immer dem typisch kindlichen Ungehorsam Rechnung zu tragen, sodass sich in der Spielecke keine unerwarteten Bodenvertiefungen (in die das Kind fallen könnte) befinden dürfen.
Auch dann, wenn jemand ohne Gestattung einen Teil des Autohauses betritt (beispielsweise den im konkreten Fall gesperrten Bereich für geparkte Neuwagen), entfällt die Verkehrssicherungspflicht nicht ohne weiteres. Besteht nämlich die Möglichkeit, dass Personen versehentlich in den Gefahrenbereich gelangen (zum Beispiel auch Kinder, die nicht die nötige Einsichtsfähigkeit besitzen), dann sind diese vor Schaden zu bewahren (dies kann durch Errichtung eines Zaunes mit einem versperrten Tor erfolgen).
Den Beweis, die nötige Sorgfalt nicht vernachlässigt zu haben, hat derjenige zu führen, dem die Verkehrssicherungspflicht obliegt. Das heißt, kommt es zum Schaden, dann hat der Inhaber des Autohauses zu beweisen, dass er alle Sorgfaltsmaßnahmen gesetzt hat, um Schäden zu verhindern.
Die Verkehrssicherungspflicht darf jedoch nicht überspannt werden. Sie ist auf das zumutbare Maß zu beschränken. Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich vor allem danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen können. Es genügt beispielsweise die Absicherung einer im Einfahrtsbereich zum Autohaus befindlichen Baugrube durch einen Bauzaun. Es muss nicht damit gerechnet werden, dass von der Fahrbahn abkommende (und den Bauzaun durchbrechende) Fahrzeuge in die Baugrube fallen können.
Verkehrssicherungspflichten, die vertraglich übernommen werden, verlangen ein höheres Maß an Sorgfalt. Wenn der Inhaber eines Autohauses gegen Entgelt seinen Kunden eine abgesperrte Strecke zum Testen von Fahrzeugen anbietet (der Vertrag kommt durch Bezahlung zustande), dann sind schwer erkennbare Gefahrenquellen (zum Beispiel ein nicht einsehbarer Baum nach einer engen Kurve) zu beseitigen beziehungsweise Hinweistafeln aufzustellen. Weiters ist die dem Kunden zur Verfügung gestellte Strecke in verkehrssicherem und gefahrlosem Zustand zu erhalten.
Die Verkehrssicherungspflicht des Inhabers des Autohauses umfasst in diesem Fall nicht nur die von den Teilnehmern benutzte Strecke, sondern auch die gefahrlose Zufahrt und Abfahrt von der Strecke. Diese Verkehrssicherungspflicht wird auch nicht durch den Umstand beseitigt, dass sich die Gefahrenquelle außerhalb der Strecke auf öffentlichem Grund befindet. Es fällt auch in die Verantwortung des Veranstalters, dass derjenige, der ein Grundstück verlässt, nicht ungewarnt sogleich in eine Gefahrenquelle gerät.
Das Ausmaß von Verkehrssicherungspflichten ist von Fall zu Fall zu beurteilen und findet seine Grenzen in der Zumutbarkeit möglicher Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren.
Rechtsanwalt Mag. Erik Focke ist Autor für verschiedene Fachzeitschriften. Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in AUTOSERVICE (Nr. 2/2009) – ein Magazin vom WEKA-Verlag.